· 

Zurück in Deutschland

 

Noch Sand im Rucksack und Meeresrauschen im Ohr. Ich spüre noch die Sonne auf der Haut und habe den Geruch von Mango und Sonnencreme in der Nase als wir in Berlin landen. Es regnet, alles ist grau und kalt. Plötzlich bin ich wieder in der Realität angekommen. Alles ging so schnell. Gerade eben war ich doch noch am Strand. Als wir Zuhause sind, fühle ich mich erstmal erschlagen von allem. Traurig packe ich meinen Rucksack aus und damit nochmal all die schönen Erinnerungen. Dann bin ich wieder so glücklich, dass ich das alles erleben durfte. Ich bereue nichts. Die Zeit habe ich richtig ausgekostet und jede Sekunde genossen. Ich hatte so wundervolle Erlebnisse, habe traumhafte Orte gesehen und so nette und interessante Menschen kennengelernt, in diesem wunderschönen Land. Wenn ich Thailand und meine Reise in einem Wort beschreiben müsste, wäre es ‘Vielfalt‘. Thailand bietet alles: Man kann Natur genießen, entspannen, Kultur erleben, diverse Sportarten betreiben oder von allem etwas. So hatte ich das Abenteuer meines Lebens. Ich bin mitten in Bangkok in das neue Jahr gestartet, habe dort religiöse Neujahrsbräuche kennengelernt und bin über schwimmende Märkte geschippert. Ich war ehrenamtlich tätig, habe mit Elefanten gelebt, sie gefüttert, gebadet und war mit ihnen spazieren. Weiterhin konnte ich in das thailändische Leben abseits des Tourismus eintauchen, meine Freundin in ihrem Zuhause besuchen, einheimische Märkte und abgelegene Orte entdecken, die nur wenige Touristen sehen. Ich war der Natur ganz nah: Ich habe wilde Makaken, Wildschweine und Tukans im Dschungel beobachtet, bin durch Höhlen geklettert, an Lianen geschwungen, war auf dem höchsten Berg Thailands, habe in heißen Quellen gebadet, war wandern, tauchen und schnorcheln mit Haien. Ich habe einsame Inseln und traumhafte Strände entdeckt und dort beim Yoga entspannt. Ich bin über Reisfelder spaziert, habe mit Mönchen gelebt und meditiert, mich durch Nachtmärkte geschlemmt, thailändisch kochen und auch ein wenig der Sprache gelernt. All diese wundervollen Erlebnisse werde ich immer im Herzen tragen. Während der gesamten Reise habe ich eine tiefe Zufriedenheit verspürt. Alles war genau richtig wie es war. Ich habe mich in jedem Moment genau am richtigen Ort gefühlt. Einige Male konnte ich mein Glück kaum fassen. Ich musste mich wachrütteln, um zu realisieren, dass ich nicht träume. Dann war ich oft mit einem breiten Grinsen unterwegs.

 

Es gab nur wenige negative Erlebnisse: Eine Nacht im hässlichen, schmutzigen Phuket und ein Tag im Krankenhaus unter katastrophalen Bedingungen. Ich hatte nur eine kleine Verletzung am Fuß, die Zustände, Hygiene und Kommunikation im Krankenhaus waren schrecklich, doch die Medikamente haben dann zum Glück gut geholfen und alles ist schnell verheilt. In einem Hostel hatte ich eine Mitbewohnerin, die an Denguefieber erkrankt ist, doch auch dabei hatte ich Glück und habe mich nicht angesteckt. Ich werde es nicht vermissen mein Zimmer mit neun anderen Leuten zu teilen, zwei Stunden in der Mittagssonne auf den Bus zu warten und öffentliche Toiletten sind der Horror.

 

Davon abgesehen habe ich nur positive Erinnerungen. Was ich besonders vermissen werde, ist das schöne Wetter, den ganzen Tag barfuß zu laufen, jeden Tag Essen zu gehen für nur wenige Euro und ganz besonders das Freiheitsgefühl. Einfach in den Tag hinein zu leben und zu tun, wonach auch immer mir gerade ist. Das zu genießen, so weit weg von allem zuhause, von der Familie, der Arbeit und der deutschen Traumvorstellung des Lebens von Sicherheit, Kindern und Eigenheim. So kommt man gar nicht drum herum all das einmal unabhängig für sich zu bewerten. Für mich hat sich einiges geändert. Angefangen beim Konsum. Wir kaufen und besitzen viel zu viel von allem. Doch brauchen wir das wirklich? Ist Geld nicht viel sinnvoller in Erlebnisse investiert? Auf der Reise hatte ich nur einen 60-Liter-Rucksack, 8 Kilo Gepäck. Ich hatte Kleidung für eine Woche und habe diese dann in Waschsalons waschen lassen. Kaum Schminke oder Schmuck waren dabei. Und ich habe nichts vermisst. So war meine erste Maßnahme, zurück Zuhause, meine ganzen Klamotten auszusortieren, sowie einiges an Deko. Ich will lieber mehr erleben, mehr von all dem machen, was ich mir immer vornehme, mehr Yoga, meditieren, Natur genießen und reisen. Auch Julia Engelmann hat sich u.a. mit diesem Thema beschäftigt: „Was bleibt also am Ende? Nicht die vielen Videos, die ich nachts auf meinem Laptop gesehen habe. Nicht: Wow, du arbeitest aber hart. Nicht meine Frisur, nicht der Applaus. Sondern Menschen und Erinnerungen.“ Im Kloster habe ich ein argentinisches Ehepaar kennengelernt. Sie hatten sich in ihrer Heimat ein schönes Leben aufgebaut, hatten gute Jobs, Autos, ein Haus, haben viel gearbeitet. Mit etwa 30 haben sie sich entschlossen, alles zu verkaufen, zu kündigen und von dem Geld zu reisen. Sie waren in Europa, Indien, Südostasien und gerade unterwegs nach Australien, hauptsächlich in Klöstern, haben viel Yoga und Meditation praktiziert, waren sehr aufgeschlossen gegenüber anderen Menschen und Lebensweisen. Sie sind seit drei Jahren unterwegs und haben noch nicht vor, nach Hause zurückzukehren und sind sehr glücklich mit ihrer Entscheidung.

 

         ~~~

 

Allein sein. Das war ganz neu für mich. Noch nie bin ich allein verreist, ich gehe nicht mal allein zum Sport oder einkaufen. Erst konnte ich mir das gar nicht vorstellen. Doch dann habe ich es sehr genossen, nur das zu tun, was ich möchte, selbst zu entscheiden, wie lange ich an einem Ort verweile, was ich mir anschaue, in welchem Restaurant ich esse. All das ist allein so unkompliziert. Durch die unzähligen neuen Eindrücke blieb mir auch nicht viel Zeit für Heimweh. Zum ersten Mal hatte ich nach etwa drei Wochen Sehnsucht, an meinem Geburtstag. Ich hatte einen tollen Tag mit meiner Freundin im Nationalpark auf dem Doi Inthanon und abends mit ihren Freunden in einer Bar als alle für mich sangen. Dennoch fehlte mir an diesem Tag meine Familie sehr. Da ich nur in Hostels übernachtet habe, war es aber auch leicht jemanden kennenzulernen, wenn mir danach war. Viele reisen allein und sind sehr aufgeschlossen. Ich habe Leute aus der ganzen Welt getroffen und viel englisch gesprochen. Besonders im Elefantencamp konnte ich mein Englisch verbessern, da dort viele Muttersprachler aus den USA, England und Neuseeland waren. Thailändisch dagegen ist sehr schwer, besonders aufgrund der Schrift und Betonung. Daher habe ich nicht so viel gelernt wie geplant, kann mich aber kurz vorstellen, Essen bestellen und nach dem Preis fragen. Meist haben sich die Leute zumindest über den Versuch sehr gefreut.

 

Angst hatte ich während der Reise nie. Ich wurde das oft gefragt und auch meine Familie hat sich sehr gesorgt, aber unnötig. Alle Menschen waren sehr nett und meist hilfsbereit. Ein paar Mal waren Männer etwas zu aufdringlich, auch wenn ich von meinem Mann erzählte. Doch ich habe mich nie in Gefahr gefühlt. Auch nachts konnte ich ohne Probleme durch die Straßen laufen. Meiner Meinung nach ist das Gefährlichste, was man in Thailand machen kann, Roller zu fahren. Es ist eines der Länder mit den meisten Verkehrsunfällen weltweit. Die Unfallzahlen steigen jährlich. Es wird meist zu schnell gefahren und Verkehrsregeln nur selten beachtet. Auch als Fußgänger muss man aufpassen. Eine grüne Ampel bedeutet nicht immer, dass man gehen kann. Viele Reisende, die ich traf, hatten Verletzungen von Rollerunfällen, einer saß drei Wochen am gleichen Ort fest, da er täglich zum Verbandswechsel und Physiotherapeuten musste. Ich musste daher versprechen nicht mit dem Roller zu fahren. Das Gefühl, die Unabhängigkeit und Freiheit zu spüren, sind sicher wundervoll, aber ich habe mich an mein Versprechen gehalten.

  

Ich habe sehr interessante Menschen getroffen, man erfährt sehr schnell die Geschichte der Leute, warum sie reisen, was sie bewegt. Viele nehmen sich nach dem Abi oder während des Studiums eine Auszeit, andere brauchen Abstand nach einer Trennung oder Kündigung. Nach einem kurzen Gespräch weiß ich oft mehr als über jahrelange Kollegen, und so auch sehr schnell, ob wir auf einer Wellenlänge sind. Ein paar Mal bin ich für kurze Zeit mit jemandem zusammen weitergezogen. Eine zeitlang war es schön, dann war ich auch wieder erleichtert allein zu sein. So konnte ich die Zeit am besten auskosten und meist ganz früh aufstehen, um den Sonnenaufgang zu sehen und spontane Entscheidungen treffen, wie zum Beispiel bei dem Schnorchelausflug. Diesen Tag auf Koh Tao, bei schönstem Wetter, mit Haien schnorchelnd, habe ich besonders genossen. Ein weiteres Highlight war das Wochenende mit meiner Freundin in Chiang Dao. Die Übernachtung im Zelt mit Blick auf die Berge, die Sonnenauf- und -untergänge dort waren einmalig. Ebenfalls in besonderer Erinnerung wird mir das Wochenende im Khao Sok Nationalpark bleiben: Die Umgebung, Dschungel- und Höhlenwanderung, Übernachtung in der Bambushütte am See und ausgelassene Stimmung beim abendlichen Gesang. Und auch die kleine Trauminsel Koh Ngai kann ich nicht vergessen, wo ich direkt am Strand, vom Wellenrauschen und mit Meerblick aufgewacht bin. Das waren nur einige der wundervollen Erlebnisse, insgesamt war die gesamte Reise mein Highlight, jeder Ort hat etwas Besonderes und mich auf irgendeine Art berührt. Besonders schön waren die Abwechslung und Vielseitigkeit. Ich bin durch das ganze Land gereist, habe so viele Orte besucht, Bangkok, den Norden, Südwesten und Südosten des Landes. Einschließlich des Nachtbusses und der Nachtfähren hatte ich 21 verschiedene Schlafplätze, meist sehr einfach ausgestattet mit Gemeinschaftsbad und -schlafraum. Mal auf dem Boden, im Zelt, am Strand, mal inmitten von Ameisen, oft nur mit einer kalten Dusche, einmal mit Outdoor-Dusche, wo mir Frösche Gesellschaft geleistet haben, einige Male ohne Toilettenspülung. Komfort und Sauberkeit weiß ich nun auf jeden Fall mehr zu schätzen. Schon in unserem schicken Resort, in dem wir in den letzten zwei Wochen entspannt haben, habe ich den Komfort genossen und nun auch wieder zuhause. Dennoch fiel es mir schwer wieder in Deutschland anzukommen. Auch nach zwei Monaten in Thailand habe ich schon wieder Fernweh. Meine Reise- und Abenteuerlust wird wohl niemals gestillt werden. Doch das ist auch gut so. Es gibt so viele schöne Orte in der Welt, die noch entdeckt werden wollen und dies ist ein Hobby fürs Leben. Auch in Thailand habe ich noch längst nicht alles gesehen, die Surin- und Similan-Inseln stehen noch aus, der gesamte untouristische Nordosten sowie Koh Chang, auch Koh Phangan hat noch viel mehr als die Vollmondparties zu bieten. So gibt es viele Gründe wiederzukehren. Darum sitze ich nun wieder im Büro, verdiene Geld für die kommenden Reisen und plane diese gedanklich schon. Das soll auf jeden Fall nicht die letzte Reise dieser Art gewesen sein. Ich möchte in Zukunft individueller reisen und ganz viel erleben. Schon nach zwei Wochen hatte ich so viele Dinge erlebt wie manche in einem Jahr. Meine zwei Monate fühlten sich so intensiv an, es kommt mir vor als wäre ich viel länger weg gewesen. Ich kann nur jedem, der irgendwie die Möglichkeit hat, empfehlen so etwas zu machen, egal wie lange und wie weit. Es lohnt sich! Denn was am Ende bleibt sind Menschen und Erinnerungen.

Meine besuchten Orte

Einige Highlights